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Unterabschnitte

Material und Methoden

Aufbau

Die Apparatur besteht aus Pulsgenerator, Oszilloskop und dem Meßaufbau im Faradaykäfig. Das digitale Speicheroszilloskop ist ein LeCroy 9354A mit einer 10:1 passiven Probe. Als Grenzfrequenz (-3dB) der passiven Probe sind 350MHz an der Tastkopfspitze angegeben, als Eingangswiderstand 10M$ \Omega$. Der Tektronix PG507 50MHz stand als Pulsgenerator zur Verfügung. Ein Mikroskop hilft bei der ersten Beurteilung der Lipidmembranen. Mit ihm lassen sich Luftblasen oder grobe Verunreinigungen sofort erkennen. Die Meßanordnung setzt sich aus Küvette, Elektroden, einer Diode und der Probe unseres Oszilloskopes zusammen. Um Streukapazitäten und Übergangswiderstände klein zu halten, habe ich so wenige Einzelteile wie möglich verwendet. Eine Elektrode steckt direkt in der vergoldeten Leitungsbuchse eines BNC-T-Stückes, die andere wird vom Massedraht der passiven Probe gehalten.

Abbildung: Meßaufbau
\begin{figure}\centering\epsfig{figure=bilder/aufbau2,width=10cm,clip=} \end{figure}

Die Küvette (Abbildung 4) besteht aus Teflon. Zwei Abteilungen sind durch eine 1mm dicke Wand getrennt. Jede Abteilung hat ein Volumen von ca. 6ml. Da die gesamte Küvette aus einem Block hergestellt wurde, gibt es keine Leckströme wie bei zusammengesetzten Meßzellen. Die dem Mikroskop zugewandte Abteilung ist mit einem Quarzglasfenster abgeschlossen. In der Mitte der Trennwand befindet sich die Bohrung, über der die Lipidmembran hergestellt wird. Bis ca. 100$ \mu$m vor dem Durchbruch auf die andere Seite ist sie als Zylinderbohrung des Durchmessers 1,5mm ausgeführt. Dann wurde mit einem Kugelkopfbohrer weitergearbeitet. Dadurch entstand ein Loch mit 0,75mm Durchmesser und extrem dünnen Rändern.

Abbildung: Meßzelle
\begin{figure}\centering\epsfig{figure=bilder/messzelle,width=7cm} \end{figure}

Als kleinste Ausgangsspannung des Pulsgenerators sind 500mV angegeben. Benötigt wird der Bereich von 20 bis 600mV. Deshalb ist vor die Diode ein 20dB Abschwächer geschaltet. Mit seinem 50$ \Omega$ Abschlußwiderstand gegen Masse garantiert er nach BNC-Spezifikation die korrekte Übertragung des Signals vom Pulsgenerator und das schnelle Aufladen der Membran.

Erste Tests wurden mit Kondensatoren an Stelle der Meßzelle durchgeführt. Mit 1nF lag deren Kapazität im Bereich der Kapazität der zu untersuchenden Membranen. Kapazitätsmessung mit der Ladungspulsmethode (siehe Abschnitt 3.9) bei einem 100pF Kondensator ergaben Werte, die 14pF über den Meßwerten des Impedanzanalysators lagen. 14pF entsprechen der Kapazität der passiven Probe des Oszilloskopes. Von anderen Gruppen werden einfache Operationsverstärker zur Einkopplung des Oszilloskopes in den Meßkreis verwendet. Das Meßsignals wird verstärkt. Man erhält ein besseres Signal zu Rausch Verhältnis. Hoher Eingangswiderstand bedingt aber niedrige Grenzfrequenz des Operationsverstärkers und damit Verfälschungen bei hohen Frequenzen. Große Anstiegszeiten verdecken wichtige Informationen schneller Prozesse. Zum Erreichen von Eingangswiderständen über 10M$ \Omega$ oder zum Treiben des 50$ \Omega$ Eingangs des Oszilloskopes habe ich auf Operationsverstärker zurückgegriffen.

Elektrodenherstellung

Wir verwenden Ag/AgCl-Elektroden. Sie zeichnen sich durch einen niedrigen Übergangswiderstand in den Elektrolyten aus und sind für lange Zeit elektrochemisch stabil. Man kann sie selbst herstellen:

Von ca. 8cm Silberdraht, Durchmesser 1mm, werden einige cm auf eine Holzschraube gewendelt. Oxidschichten sind vorher zu entfernen. Zur Reinigung mehrere vorbereitete Stücke 20min in NH$ _3$ conc. kochen. Danach gut mit destilliertem Wasser spülen. Nach 20s Ätzen in HNO$ _3$ conc. sofort beschichten. Dafür bereitet man 0,01M HCl vor. Als Gegenelektrode im Galvanisierprozeß dient gewendelter Platindraht mit eingefügtem 1k$ \Omega$ Widerstand. Zur weiteren Reinigung 20s Pt+/Ag-, ca. 20mA, Chlorierung 20-25min Pt-/Ag+, 6mA. Die Lösung sollte während der Beschichtung gerührt werden. Der Vorgang wird beendet, wenn alle Elektroden gleichmäßig grau belegt sind. Die Silberdrähte sind während der Prozedur gegebenenfalls mehrmals zu wenden. Danach kann man die Elektroden füer 30h in 0,01M HCl im Dunkeln altern.

DPh-PC

Grundlage meiner Arbeit stellt DPh-PC, 1,2-Diphytanoyl-sn-Glycero-3-Phosphocholine dar (Avanti Polar Lipids, Alabaster, Al.).

Abbildung 5: Struktur von DPh-PC
\begin{figure}\centering\epsfig{figure=bilder/dphpc,width=\linewidth} \end{figure}

Dieses Lipid ist in einem weiten Bereich um die Raumtemperatur herum in der fluiden Phase. Es wird synthetisiert und liegt in hoher Reinheit vor. Chemische Stabilität und Gehalt an Fremdstoffen wurden von Jos Brouwers (Universität Utrecht) untersucht. Eine Probe neu gekauften Lipides und eine Probe von mir während eines Jahres gebrauchten Lipides verglich er an seiner HPLC-Anlage (Abbildungen 6 und 7).

Das Lipid mußte für die Untersuchung aufbereitet werden. Im ersten Schritt wurde es derivatisiert. Danach betrachtet er das zeitliche Erscheinen von Komponenten nach einer vorgegebenen Wegstrecke über die HPLC-Säule Merck RP18. Unterschiedliche Bestandteile haben unterschiedliche Laufzeiten.

Abbildung 6: HPLC-Daten DPh-PC
\begin{figure}\centering\epsfig{figure=bilder/analyse,width=\linewidth,clip=} \end{figure}

Abbildung: HPLC-Daten DPh-PC Vergrößerung
\begin{figure}\centering\epsfig{figure=bilder/analyse2,width=\linewidth,clip=} \end{figure}

Auf der Zeitachse vor 5min liegt Derivat ohne Fettsäureanteile. Bei 20min liegt ein Peak von Fettsäuren mit 1 oder 2 fehlenden Methylgruppen. Alle anderen Unreinheiten sind eher auf das Decan zurückzuführen, lassen sich jedenfalls nicht genau aufschlüsseln. Nach diesen Untersuchungen haben wir ein Decan verwendet, das als Fluoreszensstandart zugelassen war (Fluka).


Lysolecithin

Als ``Lysolecithin'' stand 1-Palmitoyl-2-Glycero-sn-Phosphatidylcholine zur Verfügung (Avanti Polar Lipids).

Abbildung 8: Lysolecithin
\begin{figure}\centering\epsfig{figure=bilder/lyso,width=\linewidth} \end{figure}

Mischungen wurden mit 1, 4 und 8mol% in DPh-PC zubereitet. Daraus stellte ich einprozentige Lösungen in Decan her.

Actin

Das Actin wurde von Michael Steinmetz (Biozentrum Basel) nach [4] hergestellt. Es lagerte bei 4$ ^{\circ}$C in 2,5mM CaCl$ _2$, 0,2mM ATP, 0,005% NaN$ _3$, pH 7,4. Unter diesen Bedingungen liegt Actin in Form globulärer Monomere vor.

In [19] wird eine Methode beschrieben, Actinmonomere an einer Membranoberfläche zu polymerisieren. Dabei interagiert Actin direkt mit positiv geladenen Lipiden. Die Menge polymerisierten Actins ist proportional zur Oberflächendichte der positiven Ladungen. Als Mischung zur Herstellung der Membran benutzten wir 90% DPh-PC, 10% Stearylamine in Decan. Stearylamine ist der Trivialname von Octadecylamine, $ C_{18}H_{39}N$. Bei höheren Zusätzen von Stearylamine werden die in [19] verwendeten Liposome instabil, so daß keine aussagekräftigen Vergleichswerte vorliegen.

Die Versuche mit Actin wurden wie in den Abschitten 3.8 und 3.9 beschrieben durchgeführt. Als Elektrolyt verwendete ich die in Abschitt 3.6 vorgestellte Lösung. Nach mehrmaliger Kapazitätsmessung gab ich wenige $ \mu$l Actinstammlösung in eine Abteilung der Küvette. Die Actinkonzentration in dieser Abteilung betrug 88nM. Ohne zu rühren diffundierten die Actinmonomere an die Membran. Durchbruchsmessungen führte ich nach einer halben Stunde Wartezeit aus.


Pufferlösungen

Salzlösungen wurden für drei verschiedene Untersuchungsbereiche zubereitet. Puffer mit eingestelltem pH-Wert zum Arbeiten unter physiologischen Bedingungen, reine Salzlösungen mit bekannter Leitfähigkeit und Spezialpuffer zum Arbeiten mit Actin. Mit sich gleichenden Beweglichkeiten von Kaliumionen und Chlorionen eignete sich KCl für den Ladungstransport über Membrandefekte. Konzentrationen von 10mM bis 3M mit Leitfähigkeiten von 0,14S/m bis 28S/m erlaubten die Wahl verschiedener Zeitfenster zum Beobachten des Reißprozesses. Je höher die Leitfähigkeit der Salzlösung, desto höhere Zeitauflösung, desto kürzere Untersuchungsdauer. Elektrolyte wurden mit H$ _2$KO$ _4$P gepuffert und mit KOH auf pH 7,4 eingestellt. In den Experimenten mit Actin, verwendete ich einen Imidazolpuffer folgender Zusammensetzung: 10mM KCl, 2,5mM Imidazol, 0,2mM CaCl$ _2$, 0,2mM ATP.

Sauberkeit

Das Arbeiten mit Membranen stellt hohe Ansprüche an die Sauberkeit der Arbeitsmittel. Viele Kunststoffe dünsten membranaktive Zusätze aus, die die physikalischen Eigenschaften von Lipiddoppelschichten wesentlich beeinflussen. Wenn möglich wurden Geräte aus Glas oder Metall verwendet. Zur Herstellung der Lipidmischungen dampfte ich das Lösungsmittel Chloroform ab, um Mischungen in Decan herzustellen. Zwischen Probengläschen und Vakuumpumpe hielt eine Kühlfalle mit flüssigem Stickstoff Öldämpfe zurück. Um die Konzentration an unbekannten Fremdstoffen gering zu halten, wurde auf Einhaltung einer bestimmten Reinigungsprozedur geachtet.

Glaswaren und Küvette wurden bei Wechsel des Lipids mit DMSO ausgewaschen. Zur täglichen Reinigung und nach der Behandlung mit DMSO spülte ich die Arbeitsmittel mehrmals abwechselnd mit destilliertem Wasser und Ethanol. Bis zum nächsten Gebrauch lagerten Glaspipetten, Probengläschen und Meßbecher bei 130$ ^{\circ}$C im Trockenschrank. Zur Auftragung der Lipidlösung zum Vorbereiten der Meßzelle (siehe Abschnitt 3.8) verwendete ich Hamiltonspritzen. Diese wurden mit Decan und Ethanol gespült. Die Küvette wurde vor den Versuchen für zweimal eine halbe Stunde mit destilliertem Wasser gefüllt. Oberflächenaktive Stoffe sammeln sich an der Wasser-Luft-Grenzfläche und können abgeschüttet werden.


Vorbereitung

Um stabile Lipidmembranen zu erhalten, muß man die Meßzelle vorbereiten. Erster Schritt ist gründliches Austrocknen in einer staubfreien Atmosphäre. Dann benetzt man die Umgebung des Loches in der Trennwand mit Lipidlösung. Je nach Lipid benutzt man dafür 1-2$ \mu$l einer 1%-igen Lösung des Lipids in Chloroform oder die vorbereitete Mischung in Decan. Nach ca. einer halben Stunde Trocknungszeit werden die Kompartimente der Küvette mit je 5ml Salzlösung gefüllt. Abschließend wartet man das Ausgleichen der Flüssigkeitsstände ab.


Durchführung

Planare Lipidbilayer sind mit Leitfähigkeiten von 10$ ^{-8}$Scm$ ^{-2}$ ideale Nichtleiter zwischen leitenden Flüssigkeiten. Das System aus Elektrolyt und Membran verhält sich wie ein Kondensator [2]. Ich lade es mit einem rechteckigen Spannungspuls über einen 50$ \Omega$ Parallelwiderstand, es entlädt sich über die 10M$ \Omega$ Parallelwiderstand der passiven Probe des Oszilloskopes. Lade- und Entladekreis sind mit einer Diode voneinander entkoppelt. Wenn die Membran einen Defekt ausbildet, ändert sich schlagartig ihre Leitfähigkeit. Die Entladung geht nun via Ionentransport über den sich schnell ausweitenden Defekt vor sich.

Abbildung: Schema der Meßanordnung
\begin{figure}\centering\epsfig{figure=bilder/schema,width=7cm,clip=} \end{figure}

Das Experiment setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Kapazitätsmessung und Durchbruch. Nach dem Ziehen der Membran beobachtet man optisch das Ausdünnen des Lipidfilmes. Es bilden sich Newtonsche Farbverläufe aus, wie sie von dünnen Schichten bekannt sind (Abbildung 10).

Abbildung: Membranfoto während des Ausdünnens
\begin{figure}\centering\epsfig{figure=bilder/memb1_4,width=7cm,clip=} \end{figure}

Während des Ausdünnens auf ca. 6nm, was der Länge zweier Lipidmoleküle mit eingelagertem Decan entspricht [11], kommt es zu destruktiver Interferenz zwischen an der ersten und an der zweiten Wasser-Öl-Grenzfläche reflektiertem Licht. Daher der Name ``Black Lipid Bilayer''.

Abbildung: Ausdünnen der Lipidmembran [13]
\begin{figure}\centering\epsfig{figure=bilder/ausduennen,width=7cm} \end{figure}

Nun mißt man mehrmals die Kapazität des Filmes. Dazu lädt man die Membran mit einem kurzen Spannungspuls auf ca. 70mV, und wertet die Entladungskurve aus. Um meine Daten mit [18] vergleichen zu können, habe ich mit Pulslängen von 20$ \mu$s gearbeitet. Die Abhängigkeit des elektrischen Durchbruchs von der Pulslänge ist in [3] beschrieben. Hat die Membran ihre größte Kapazität erreicht, erhöht man vorsichtig die Pulsspannung. In jeder neuen Einstellung pulse ich 7 bis 10 mal. Dabei kommt es ab einer kritischen Spannung zum Durchbruch.

Nach der Datenübertragung auf den Computer (siehe Abschnitt 5.3) können die Kurven ausgewertet werden.


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Marcus Lindemann 2001-09-10